Kurze Gedanken zu … Gottvertrauen
Sich vertrauensvoll in die Hände Gottes zu legen klingt erst mal einfach, kann jedoch die größte Herausforderung eines Menschenlebens sein. Dabei fällt es oft gar nicht so schwer, das Handeln und Tun in Vertrauen auf Gott auszurichten, denn das sind Dinge, die man praktisch bestimmen kann, zum Beispiel über ein reflektiertes Denken. Erleichternd kommt hinzu, dass es den Menschen mitunter nur mittelbar berührt. Es gibt aber auch Bereiche des menschlichen Seins, welche nicht ganz so einfach zu erfassen sind, nämlich die sein Innerstes betreffenden. Dort schwindet der Einfluss der praktischen Handlungsfähigkeit langsam, zum Beispiel über Gefühle und Gedanken, die bei entwickelter Selbstveredelung mehr und mehr vom Charakter des Geistes geprägt und somit scheinbar losgelöst von unserem direkten, alltäglichen Umfeld sein können, oder auch von Verbindungen, welche unsere Gefühlswelt aus dem geistigen heraus durchsetzen. So zum Beispiel der Einfluß von familiären Verbindungen unserer geistigen Urheimat, der Himmel.
Das dem Menschen eigenste Gefühl Gott in die Hand zu legen, wenn aus eigener Kraft mit der Möglichkeit, dieses zu beeinflussen, an Grenzen gekommen wird, kann da schon eine wesentlich größere Herausforderung sein. Das Gefühl ist doch etwas, welches keiner mit einem Anderen teilen kann. Es lässt sich manchmal nur unzureichend vermitteln. Es hat etwas abstraktes, etwas nicht fassbares. Es widerstrebt unserer menschlichen Natur Dinge, die wir mit unseren Sinnen nicht wahrnehmen können, als existent zu betrachten, das Gefühl jedoch können wir nicht leugnen.
Besonders schwierig kann es sein, wenn nicht direkt oder zeitnah Veränderungen, einer vertrauensvoll in die Hände Gottes gelegten Situation, erkannt werden können. Erschwerend kommt noch hinzu, wenn wir nicht direkt Einfluss nehmen können, über Reden oder Handeln. In einem solchen Fall am Gottvertrauen festzuhalten bedarf Geduld und Mut, was schwerfallen kann und oft von Zweifel und Selbstzweifel begleitet wird. So können sich Fragen manifestieren, wie zum Beispiel: ‚Tue ich zu wenig, mache ich irgendetwas falsch?‘ ‚Warum ist das so?‘‘ Warum fühle ich, wie ich fühle, wenn ich es doch gar nicht will?‘ Oder: ‚Warum fühle ich nicht, wie ich eigentlich fühlen möchte?‘ ‚Habe ich etwas übersehen, das ich tun könnte?‘
Zweifel kann viele Facetten haben. Sind wir doch alle mehr oder weniger bemüht, nach Möglichkeiten der (Selbst-)Entwicklung zu suchen, um unser Potential voll ausschöpfen zu können, um uns Gott zu nähern. Dies bedingt das sich für unsere Entwicklung notwendige Hinterfragen und öffnet uns für solche Denkschemata. Ist es also ein Fehler, Gott etwas vertrauensvoll in die Hände legen zu wollen und trotzdem nach Möglichkeiten zur Bewältigung zu suchen? Schließt die Absicht absoluten Gottvertrauens eigene Einmischung in das angestrebte Ziel aus?
Ich denke, da gibt es kein Falsch oder Richtig. Beides ist möglich.
Aus der Sicht, all mein Möglichstes auszuschöpfen, bevor ich Gott eine Bitte in die Hand lege, kann ich durchaus schon im eigenen Handeln Gottvertrauen beweisen. Es gibt ja schier unendlich viele Facetten des Vertrauens, die ich als wacher Mensch Gott entgegenbringen kann.
Beschränke ich aber mein Tun in fester Überzeugung auf das absolute Gottvertrauen, meine menschliche Unzulänglichkeit auszugleichen und enthalte mich abgesehen von zum Beispiel positiven Gedanken, Gefühlen und Gebeten (klösterliches Verhalten) jeglicher praktischen Einmischung, kann mir dieses Gottvertrauen dann als mangelhaft vorgeworfen werden?
Es sind zwei unterschiedliche Wege mit dem gleichen Ziel, Gottes Wille geschehen zulassen und rechtfertigen sich über den ehrlichen Willen, es Gott recht machen zu wollen.
Gemeinsam haben beide Wege die Anfechtung durch Zweifel. Ob dieser Zweifel sich nun gegen Gott, gegen Andere oder sich selbst richtet, ist dabei nicht von Belang. Zweifel sind, wenn sie auch nicht gut sind, doch normal und Teil unserer begrenzten menschlichen Perspektive. Sie sind nicht sündhaft. Es kommt vielmehr darauf an, wie wir mit ihnen umgehen. Sie können sowohl konsequent ignoriert werden als auch zum Nachdenken anregen, sollten aber niemals ein ungutes Gefühl hinterlassen. Denn wir werden nicht nur gemessen an unserem Wissen, sondern auch an unserem Gewissen, einem Gefühl also. Das bedingt aber, daß wir uns auch mit beidem auseinandersetzen.
Das Wissen, zum Leben gebracht durch unsere Überzeugung (totes Wissen kann nichts bewirken), ist etwas Erlernbares. Es wird geprägt von unserem sozialen Umfeld, unserer Erziehung, unseren Interessen und unserem Willen zur (Selbst-)Entwicklung, bedingt durch eine latente Unzufriedenheit mit unserem Seins-Zustand. Hinsehen, zuhören, ausprobieren. Alles Möglichkeiten, Wissen zu sammeln.
Das Gewissen hingegen ist nichts, was wir über Texte oder Formeln erfassen können. Es entwickelt sich mit wachsender Reife und Lebenserfahrung sowie der Beschäftigung mit dem ethischen Verhalten unserer Selbst und anderer Menschen. Vielleicht auch getragen aus der lebensübergreifenden Erfahrung unseres Geistes. Es ist auf alle Fälle ein Gefühl, das zu erkennen ich willens sein muss. Es erfordert Mut, auf sein Gefühl zu hören, da es oftmals nicht an Fakten festgemacht werden kann. Also eigentlich auch eine Art von Vertrauen, nämlich das Selbstvertrauen.
Das Wissen also als eine Leitschnur extrinsischen Einflusses (äußerlich) und das Gewissen als ein Kompass intrinsischer Natur (innerlich). Beides ist wichtig. Körper, Seele und Geist als Einheit unserer jetzigen Existenz ist also in allen seinen Ebenen maßgeblich als Motor zur Umsetzung des Gottvertrauens.
Zurück zum Thema Zweifel. Habe ich (genug) Gottvertrauen, wenn ich zweifle?
Der (Selbst-)Vorwurf mangelnden Gottvertrauens durch wiederkehrende Zweifel liegt nah. Viel zu viel Kraft habe ich in diese Selbstvorwürfe investiert, nur um belehrt werden zu müssen, nicht ‚päpstlicher sein zu sollen, als der Papst selbst’. Gott ist voller Gnade, was sich durch den Alltag dem aufmerksamen Betrachter immer wieder offenbart. Wir sollten uns Ziele mit der Erwartung an uns selbst, perfekt sein zu wollen, nicht unerreichbar machen. Zweifel ist Bestandteil unserer menschlichen Natur, so wie die Fehlerhaftigkeit selbst. Wir hinterfragen uns und alles um uns herum und es ist eher eine Ausnahme, wenn ein Mensch in dieser kindlichen, aber ebenso wertvollen Einfalt leben kann, wie es unser Bestreben ist, den Horizont unseres Denkens stetig zu erweitern. Jeder bekommt seine Herausforderungen.
Zweifel sind immer mit Ängsten verbunden, also nichts Gutes. Wir leben hier in einer Existenz, die uns befähigen soll, in die Himmel zurückkehren zu können, und somit sind negative Einflüsse und Versuchungen zugelassen. Immer nur soweit wir es tragen können, denn Gott überlastet niemanden. Also ist die Berührung mit Zweifeln nicht vermeidbar. Maßgeblich ist der Umgang damit. Überlassen wir doch dem Herrn die Entscheidung, ob unser Vertrauen Ihm ausreicht und stehen wir nach jedem Stolpern einfach wieder auf und gehen weiter. Das ist Zuversicht und eine gelebte Form des Gottvertrauens.
Das Verständnis von Gottvertrauen ist ein fließender, wachsender Prozess und so sind auch diese Worte zu verstehen. Seien wir gespannt, was sich uns noch offenbart im Laufe unserer Entwicklung!